BAG klärt Verjährung und Verfall von Urlaubsansprüchen

BAG klärt Verjährung und Verfall von Urlaubsansprüchen

Veröffentlicht am: 6. Februar 2023Kategorien: HVSUEW, Urteile/Rechtsprechung

Ansprüche auf Urlaubsabgeltung können verjähren. Es gilt die dreijährige Verjährungsfrist.
Auch ein Verfall nach tarifvertraglichen Regelungen ist möglich.

Der Fristbeginn, der 3-Jahresfrist, kann aber unterschiedlich liegen. Grundsätzlich beginnt die Frist mit Ende des Jahres, in dem Arbeitnehmer ausscheiden.

Verjährung von Abgeltungsansprüchen; BAG 31.01.2023 – 9 AZR 456/20

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte bereits am 20.12.2022 (Az. 9 AZR 266/20) entschieden, dass Urlaubsansprüche verjähren können, die dreijährige Verjährungsfrist jedoch erst am Ende des Kalenderjahres beginnt, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch informiert und ihn im Hinblick auf Verfallfristen aufgefordert hat, den Urlaub tatsächlich zu nehmen.

Hat der Arbeitgeber diesen Mitwirkungsobliegenheiten nicht entsprochen, kann der nicht erfüllte gesetzliche Urlaub aus möglicherweise mehreren Jahren im laufenden Arbeitsverhältnis weder nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen noch nach § 195 BGB verjähren und ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten.

Der Urlaubsabgeltungsanspruch unterliegt selbst auch der Verjährung. Die dreijährige Verjährungsfrist für den Abgeltungsanspruch beginnt in der Regel am Ende des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es auf die Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten ankommt. Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist nur auf den finanziellen Ausgleich des zuvor noch bestehenden Urlaubsanspruchs gerichtet. Der besondere Schutz des Arbeitnehmers, welchen der EuGH in der Verjährung von Urlaubsansprüchen gesehen hatte, endet jedoch mit der Wandlung des Urlaubs- in einen Urlaubsabgeltungsanspruch. Daher würde ab dem Ausscheiden die dreijährige Verjährungsfrist laufen.

Im vorliegenden Fall bestand jedoch die Besonderheit, dass bis zum EuGH-Urteil vom 06.11.2018 hinsichtlich der Verjährung eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung bestand, und daher dem Kläger bis zum den Urteil es nicht zumutbar war seinen Anspruch auf Abgeltung des bis dahin nicht gewährten Urlaubs aus den Jahren 2010 bis 2014 gerichtlich durchzusetzen. Denn das BAG ging zu diesem Zeitpunkt noch davon aus, dass Urlaubsansprüche mit Ablauf des Urlaubsjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums unabhängig von der Erfüllung von Mitwirkungsobliegenheiten automatisch verfielen.

Erst nachdem der EuGH mit Urteil vom 06.11.2018 neue Regeln für den Verfall von Urlaub vorgegeben hatte, war der Kläger gehalten, Abgeltung für die Urlaubsjahre von 2010 bis 2014 gerichtlich geltend zu machen. Daher konnte die Verjährungsfrist nicht vor dem Ende des Jahres 2018 beginnen.

 

Urlaubsabgeltung: Tarifvertragliche Ausschlussfrist
BAG, 31.01.2023 – 9 AZR 244/20

Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG kann der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, nicht genommenen Urlaub nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten, nach Maßgabe einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist, verfallen.

Auch hier orientiert sich das BAG ein der oben dargestellten Rechtsprechung, dass der Kläger bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht gehalten ist, seinen Anspruch auf Abgeltung des bis dahin nicht gewährten Urlaubs der Beklagten gegenüber geltend zu machen, da eine gegenläufige höchstrichterliche Rechtsprechung bestand.

Erst nachdem der EuGH mit Urteil vom 06.11.2018 neue Regeln für den Verfall von Urlaub vorgegeben hatte, oblag es dem Kläger, Urlaubsabgeltung zu verlangen.
Der Anspruch war nicht verjährt, und ein Verfall war ebenfalls nicht eingetreten. Ein Verjährungsbeginn wäre erst Ende 2018 anzusetzen. Ein Verfall nach den tariflichen Regelungen des einschlägigen Manteltarifvertrages würde erst drei Monaten nach Fälligkeit eintreten. Die tarifliche Ausschlussfrist begann erst mit der Bekanntgabe des Urteils des EuGH am06.11.2018.

In der Entscheidung selbst wurde die Sache ans Landesarbeitsgericht (LAG) zurückverwiesen, da noch Sachverhaltsfragen zu klären waren.

 

Quelle:

Bundesarbeitsgericht
Pressemitteilungen v. 31.01.2023

Die letzten Artikel

Tarifkonflikt im Einzelhandel: Streit bei Verdi über Arbeitskampf-Strategie

19. Januar 2024|HVMITTE, HVSUEW, Instagram, Top News, Twitter|

Im festgefahrenen Tarifkonflikt im Einzelhandel werden die Rufe von der Gewerkschaftsbasis nach einer raschen Einigung lauter. In einer Resolution der Verdi-Tarifkommission in Baden-Württemberg, kritisiert diese massiv die Verweigerungshaltung der Verdi-Bundesspitze in der aktuellen Lohnrunde. Wie es in dem Schreiben heißt, sei der Unmut an der Basis so groß, dass erste Streikbetriebe ihre Beteiligung infrage stellen oder ihren Austritt aus der Streikbewegung erklärt haben. Zudem wird das letzte Arbeitgeberangebot als eine „brauchbare Basis” für einen schnellen Abschluss bezeichnet. 19.01.2024

HDE-Konsumbarometer im Januar: Verbraucherstimmung trübt sich wieder ein

15. Januar 2024|Fakten, HVMITTE, HVSUEW, Instagram, Top News|

Die Verbraucherstimmung trübt sich nach Jahreswechsel wieder ein. Das hat das aktuelle Konsumbarometer des Handelsverbandes Deutschland (HDE) ergeben. Der Pessimismus bei den Verbrauchern hat wieder zugenommen. Nachdem sich die Verbraucherstimmung Ende 2023 verbessert hatte, trübt sie sich nach dem Jahreswechsel wieder ein. Die Verbraucher blicken, wie das aktuelle Konsumbarometer des Handelsverbandes Deutschland (HDE) zeigt, wieder pessimistischer in die Zukunft. Im Vergleich zum Vormonat sinkt der Index, bleibt aber weiterhin über seinem Vorjahresniveau. Die aktuelle Unsicherheit der Verbraucher hält sich weiterhin hartnäckig. Vor allem die haushaltspolitischen Entwicklungen und die konjunkturellen Aussichten sorgen derzeit für eine gedämpfte Stimmung. Die Kaufzurückhaltung, die Händler […]

EU-Richtlinie CSRD – Kostenloses Webinar am 22.02.2024

8. Januar 2024|HVMITTE, HVSUEW, Instagram, Seminare, Twitter|

Für die Neuerungen aus der EU-Richtlinie, die ab 2026 greift, bietet der Handelsverband Deutschland am 22. Februar 2024 ein kostenloses Webinar an. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wude im November 2022 verabschiedet und soll dazu führen, dass europäische Unternehmen ihre Rechenschaftspflicht über Gesichtspunkte der Nachhaltigkeit steigern. So werden erstmalig verbindliche Normen der Berichte auf EU-Ebene etabliert. Diese Neuerung greift in den Umfang und den Ablauf der bisherigen Nachhaltigkeitsberichterstattung besonders ein. Mit Unsicherheiten, die auf Handelsunternehmen zukommen, soll hinsichtlich der Organisation und dem Aussehen der Pflichten in eine Intensiv-Webinar aufgeräumt werden. In 90 Minuten wird unter anderem ein kurzer Einblick […]

Nach oben